Flachschule Narrenhochburg


Die Studienanfängerquote lag 1970 bei 10 %, 1985 bei 20 % und 1999 bei 30 % eines Jahrgangs. Zwischen 2005 und 2010 ist sie von 35 % aus 55 % explodiert. Bei Abitur und Studium regiert die Mittelmäßigkeit, die Hochschulen werden zu Flachschulen. Gleichzeitig ist zwischen 2005 und 2010 die Zahl der Einser- und Zweier-Absolventen um 50 % gestiegen. Das war nur mit einer extremen Niveauabsenkung möglich. Wer glaubt, dass man mit der Ausgabe Billig-Zeugnissen den Fachkräftemangel beseitigen kann, ist ein Narr. Deshalb bezeichne ich die imaginäre Institution, unter deren Name ich meine Vorlesungsunterlagen auch nach meiner Pensionierung veröffentliche, als „Flachschule Narrenhochburg“. Jede Ähnlichkeit mit eine real-existierenden Bildungseinrichtung ist natürlich rein zufällig. Die inzwischen weitgehend umbenannten Fachhochschulen tragen seit Langem den Untertitel „University of Applied Sciences“. Weil hier aber seit 2005 mit der Flach-Ausbildung die Wissenschaftlichkeit verweigert wird, habe ich der „Flachschule Narrenhochburg“ den Untertitel „University of Denied Sciences“ gegeben. Als Logo verwende ich ein liegendes „N“ (für Narrenhochburg als fiktive Ortsbezeichnung) als Metapher, dass die Wissenschaft darniederliegt. Dass dieses Logo einem „Z“ (die Verwendung dieses Buchstabens gilt inzwischen als Hochverrat) ähnlichsieht, ist ein reiner Zufall.

Mit Ende des Sommersemesters 2023 am 31.08.23 gehe ich in den Ruhestand. Die Vorlesungszeit endete schon am 23.06.23. Zwischen 1997 und 2023 habe ich über 26 Jahren lang sprichtwörtlich „Perlen vor die Säue geworfen“. In dem vorherigen Absatz habe ich über die Säue berichtet. In den Präsentationen auf https://www.prof-mueller.net/beratung/rewe-heute, https://www.prof-mueller.net/beratung/kostenrechnung, https://www.prof-mueller.net/beratung/jahresabschluss und https://www.prof-mueller.net/beratung/inv-fin möchte ich die Perlen einem Publikum präsentieren, das sie hoffentlich zu würdigen weiß.

Im Interview mit der Welt sagte Jörg Dittrich, der neue Chef des Zentralverbands des deutschen Handwerks (ZDH): "Die Gesellschaft ist bildungspolitisch vor Jahrzehnten falsch abgebogen. Das Bildungsmantra lautete Abi und Studium für möglichst viele. Das hat sich auch auf die Erziehung ausgewirkt, zu viele Eltern drängen ihre Kinder in Richtung Studium, obwohl immer öfter das mit einem Studium verbundene Aufstiegsversprechen nicht mehr eingelöst werden kann. Und es geht um Bürokratie. Danach gefragt, ob sie sich später einmal selbstständig machen möchten, geben inzwischen 80 Prozent und mehr der Meisterabsolventinnen und -absolventen an, dass sie das aus 'Angst vor den Formularen' und weiterer Bürokratie nicht planen."
(https://pressefreiheit.rtde.tech/inland/173606-handwerkspraesident-eu-kaeltemittelverbot-koennte-betrieb/, 25.06.23)

 

siehe auch:
Forcierter Absturz der Bildung
am 24. März 2023 von Prof. Dr. Hans-Jürgen Bandelt und Prof. Dr. Bernhard Krötz

auf https://tkp.at/2023/03/24/forcierter-absturz-der-bildung/

und
Die Covidioten – das Ende der Bildung
am 25. März 2023 von Renate und Gerd Reuther
auf https://tkp.at/2023/03/25/die-covidioten-das-ende-der-bildung/

 

 

Die Noteninflation im Landtag!

 

Ich habe die Website noteninflation.de Ende März 2017 freigeschaltet und nach 15 Monaten gab es ein sichtbares Ergebnis. Seit 2016 war meine Kritik im ehemaligen rheinland-pfälzischen Ministerium für Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur (nach der letzten Wahl wurde die Wissenschaft dem Gesundheitsministerium und damit der Pharma-Lobby untergeordnet) bekannt. Niemand kann dort sagen, er hätte nichts gewusst. Wenn die Landesregierungen jetzt nicht schnell gegensteuern, werden sie von der AfD vor sich hergetrieben. Aus anderen Politikbereichen ist dieses Muster bekannt!

 

Am 21.09.18 berichtete die Zeitung Rheinpfalz unter der Überschrift „Hochschule: Minister sieht keine Noteninflation“ über die Landtagsdebatte zu einer großen Anfrage der AfD am 20.09.18. Vermutlich wurde eine nur Pressemitteilung des Ministeriums bearbeitet.

Der Artikel folgt der Stereotype: die AfD sei populistisch, SPD und CDU dagegen seriös. (warum haben dann beide bei den letzten Landtagswahlen so dramatisch verloren?) Im vorliegenden Fall hatte die AfD ihre Informationen von meiner Website (www.noteninflation.de), die sich auf Aussagen vom Wissenschaftsrat der Bundesregierung, Uni Bielefeld, Uni Flensburg, DIW, Spiegel, Welt, FAZ, Handelsblatt, Wirtschaftswoche, Zeit, WDR, BR, also auf die sog. „Lügenpresse“ stützt. Der Minister sieht keine Noteninflation, weil er vor der Realität die Augen verschließt!

Dabei lässt sich die Noteninflation aus den vom Minister veröffentlichten Zahlen (aus Rheinland-Pfalz) klar ablesen. Zwischen 2000 und 2017 sind die Absolventenzahlen um 132 % gestiegen, die 1er-Abschlüsse sogar um 155 % und die 2er um 188 %, die 3er nur um 49 % und die 4er sind sogar um 41 % zurückgegangen. Weil mit der Steigerung der Studienanfängerquote zwischen 2006 und 2001 von 35,6 % auf 58,5 % eines Jahrgangs (nicht nur der Abiturienten!) nur mittelmäßige Schulabgänger zusätzlich an die Hochschulen gekommen sind, hätten die 3er- und 4er-Abschlüsse eigentlich enorm steigen müssen. Dies soll mit folgender Grafik veranschaulicht werden:

Wer bei diesen Zahlen keine Noteninflation erkennen kann muss blind sein!

Mehr über die große Anfrage, die Antwort des Ministers und die Debatte im Landtag finden Sie auf der Unterseite „Landtag“.

 

Die Noteninflation war am 25.02.2019 auch Thema beim Radiosender DLF-Kultur:

 

https://www.deutschlandfunkkultur.de/setzen-eins-eine-bildungsnation-im-leistungsrausch.976.de.html?dram:article_id=441952

 

Die Interviews in Mainz mit Prof. Müller, dem AStA und dem Präsidenten wurden am 20. Dezember 2018 geführt.

 

Am 20.09.18 erklärte der Minister für Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur, Prof. Dr. Konrad Wolf, im Landtag von Rheinland-Pfalz: „Pauschale Behauptungen wie ,Noteninflation‘, ,Überakademisierung‘, ,abgesenkte Anforderungen‘, ,Schummelkultur‘ aus dieser Datenlage abzuleiten, ist die Ebene reiner Polemik.“ Im November 2018 lehnte er aber eine Interview-Anfrage des Radiosenders DLF-Kultur zum Thema Noteninflation ab. Statt dessen äußerte sich der Präsident der Hochschule Mainz in gleicher Weise:  „Ich hab das natürlich jetzt nicht statistisch untersucht, aber rein gefühlsmäßig, würde ich nicht sagen, dass sich das Notenniveau über diese mehr als zwanzig Jahre nennenswert verändert hat.“

Als Reaktion auf diese Aussage erreichte mich das Ergebnis dieser statistischen Berechnung (die der Präsident der Hochschule Mainz nicht durchgeführt hat - er hat sich lieber auf sein Gefühl verlassen) eines Statistikers einer großen deutschen Universität, der nicht namentlich genannt werden möchte. Er kam nach einer differenzierten Analyse, die mir vorliegt, zu dem Ergebnis:

 

"Die Inflation ist signifikant und unwiderlegbar! ... Noch nie in meinem ganzen Leben

habe ich jemals in irgendeiner Publikation einen RDA-Determinationskoeffizienten gesehen,

der 74% einer multivariaten Streuung erklärt..., und das bei nur einer Kovariablen!"

 

 

zur strafrechtlichen Beurteilung der Noteninflation:

 

  (mehr auf der Unterseite "Strafrecht")

 

Akademisierung zerstört die duale Ausbildung

 

Es gibt ein Problem, das in der Tagesaktualität nicht wahrgenommen wird, aber trotzdem einen enormen gesellschaftlichen Sprengstoff enthält. Das möchte ich mit den folgenden Thesen beschreiben:
 

Die Stärken der deutschen Wirtschaft liegen in einem breiten Mittelstand (3,3 Mio. von insgesamt 3,6 Mio. Unternehmen sind Kleinstunternehmen unter 10 AN) und in der dualen Ausbildung (Kleinstunternehmen können keine Hochschulabsolventen einstellen). Deutschland darf sich deshalb nicht an internationalen Vergleichen und an Ländern orientieren, die keine duale Ausbildung kennen. Wir brauchen weniger und nicht mehr Studienplätze.
 

Die enorm gestiegene Studienanfängerquote (2006-12 von 35,6% auf 58,5% eines Jahrgangs / bis 2015 stabil / 2016 „nur“ 55,5% - für einen Anstieg von 12,5 % auf 35,6 % brauchte man zuvor 35 Jahre) führt zu einem Lehrlingsmangel insbesondere im Handwerk. Wenn es jetzt keine neuen Handwerksgesellen mehr gibt, wird es in 10 Jahren keine neuen Handwerksmeister geben. Das zerstört die Existenzgrundlage der Kleinstunternehmen und bricht unserer Wirtschaft das Rückgrat.
  
Seit 2005 ist eine Noteninflation zu beobachten. Über 75 % aller Hochschulabsolventen schließen inzwischen mit „sehr gut“ oder „gut“ ab. Trotz mehr mittelmäßiger Studenten (die zusätzlichen 23 % können keine Spitzenschüler gewesen sein) und immer schlechterer Leistungen verbessern sich die Noten weiter. Die Arbeitgeber können die Bewerber nicht mehr einschätzen. Die Folge ist die „Generation Praktikum“. Kaum ein Hochschulabsolvent bekommt noch eine Festanstellung. Eine befristete Stelle ist wie ein Lottogewinn, Praktikantenstellen sind die Regel.

Nach den einschlägigen Hochschulgesetzen und Prüfungsordnungen soll eine durchschnittliche Leistung mit "befriedigend" bewertet werden. Der Notendurchschnitt ist aber heute bei "gut". In einer Studie des Wissenschaftsrates der Bundesregierung hatte der Studiengang "Englisch für Lehramt an Gymnasien" der Universität Mannheim den Spitzenplatz mit 41 "sehr gut" von 42 Absolventen. (Studie des Wissenschaftsrats (2012): Prüfungsnoten an Hochschulen im Prüfungsjahr 2010. Arbeitsbericht mit einem wissenschaftspolitischen Kommentar des Wissenschaftsrates. Hamburg 9.11.2012, S. 320; http://www.wissenschaftsrat.de/download/archiv/2627-12.pdf). Hier stimmt es was nicht!
 
Für die meisten Arbeitsplätze der Hochschulabsolventen hätte man vor 30 Jahren nur Realschule + Lehre gebraucht. Ein Ingenieur mit schlechten Noten wird aber keinen Handwerker ersetzen können. Ein Hochschulabsolvent kostet den Steuerzahler zudem durchschnittlich 62.000 €, ein Berufsschüler nur 8.100 €!
 
Die akademische Laufbahn (Assistent – Doktorand – wissenschaftlicher Mitarbeiter – Dozent – Professor) ist praxisfern. Ein Wechsel zwischen Wirtschaft und Hochschule (z.B. 10 Jahre Praxis, 10 Jahre Hochschule, danach zurück in die Wirtschaft) scheitert an formalen Hürden. Manchmal merken Professoren nicht, dass die Studieninhalte ihres eigenen Studiums, die sie weiter an ihre Studenten verbreiten, in der Praxis seit 30 Jahren veraltet sind. Das betrifft auch anerkannte Vertreter des Fachgebietes, die oft als Päpste bezeichnet werden. Wie die Päpste im Vatikan haben sie vom wirklichen Leben keine Ahnung. Ein Handwerksmeister würde eine Veränderung sofort erkennen und an seine Lehrlinge weitergeben.
 
Eine Verstaatlichung der Ausbildung per Hochschule macht sie unflexibel. Die Bildungsbürokratie wird nicht auf aussterbende Berufe reagieren können. Wenn beamtete Professoren einmal berufen wurden, können sie nicht mehr entlassen werden. Eine Versetzung ist – außer an eine andere Hochschule – nur mit ihrer Zustimmung möglich. Man müsste dann allen Professoren einer aussterbenden Fachrichtung sehr gute Stellen anbieten, und die würden ihre Anforderungen hochschrauben. Es werden also keine Fachrichtungen aussterben, auch wenn sie überholt wären. Es wäre am Ende, als wenn man mit der Ausbildung zum Hufschmied Landmaschinen reparieren müsste; dass die Bauern keine Pferde mehr haben hätte die Ministerialbürokratie aus Bequemlichkeit nicht zur Kenntnis genommen.
 
Nach einer Studie der Universität Bielefeld mogeln 79 % der Studenten und 94 % werden nicht erwischt. Das ist nur mit einer Vertuschungskultur in den Hochschulen zu erklären (ein Beispiel auf https://www.noteninflation.de/praxismodul/ ). Die Leistung der Hochschulen wird an guten Zahlen wie einer niedrigen Durchfallquote gemessen. Es herrscht die gleiche Einstellung wie in der Automobilindustrie in Bezug auf Abgaswerte. (gute Zahlen auf dem Prüfstand, die realen Bedingungen interessieren nicht!)
 
1923 benötigte die Regierung Geld und sie beauftragte die Reichsbank, ihr welches zu drucken. Die Folgen sind allgemein bekannt. Wenn jetzt die Regierungen zur Bekämpfung des Fachkräftemangels die Hochschulen beauftragen, bei Abstrichen an den Ausbildungsinhalten und mit „Schmusenoten“ mehr Absolventen zu produzieren, wird eine ähnliche Wirkung ausgelöst. 1923 war Jeder Millionär und niemand konnte sich etwas kaufen. Bald gibt es vieleicht nur noch Prädikatsexamen aber keine attraktiven Arbeitsplätze für Hochschulabsolventen.
 
Bisher wird nicht öffentlich erörtert, dass mit der Noteninflation auch Straftaten begangen werden können, und zwar:
§ 263 Betrug  /  § 332 Bestechlichkeit  /  § 348 Falschbeurkundung im Amt  /  § 357 Verleitung eines Untergebenen zu einer Straftat! Diese Frage wird auf der Unterseite "Strafrecht" untersucht.
 
Die Verteidigungsministerin führt seit Kurzem „… einen öffentlichkeitswirksamen Kampf gegen Korpsgeist, missverstandene Kameradschaft und Vertuschungskultur …“ in der Bundeswehr (http://www.zeit.de/politik/deutschland/2017-05/ursula-von-leyen-bundeswehr-korpsgeist-probleme-loesungen, Abruf 28.05.17). Ein vergleichbarer Kampf würde auch den Hochschulen guttun.

siehe auch:   Von der Hochschule zur Flachschule

https://opposition24.com/von-hochschule-flachschule-noten/344593

 

und                 Akademisierungswahn und Noteninflation

http://www.faktum-magazin.de/2017/09/akademisierungswahn-und-noteninflation/