Gastbeitrag von Dr. med. Iris Scharf-Sinn

Ansteckung und Testen     (PCR, Antigen)

  

Tagtäglich werden wir mit Fallzahlen an Test-Positiven, daraus abgeleiteten Werten wie der 7-Tage-“Inzidenz“ oder dem R-Wert konfrontiert. Doch nirgendwo wird hinterfragt, was diese Fälle uns sagen können. Nicht einmal korrelieren sie immer eindeutig mit den für uns eigentlich bedeutsamen schweren Verläufen, welche das Gesundheitssystem überlasten.

  

Die PCR ist sehr genau / sensitiv, sie kann auch die kleinste Menge an Genstückchen vermehren und so positiv werden. Dies liegt an der hohen Zahl an Zyklen, d.h. Durchläufen des Testes (1). Die Zahl der Zyklen ist sehr hoch gewählt. Evtl. auch zu hoch, was einige Molekularbiologen/Biochemiker kritisieren (2). Zumindest die PCR produziert als Test wenige falsch positive Ergebnisse, aber einen Haufen falsch postiver Interpretationen:

 

Wenn jemand als positiv getestet wird via PCR kann dabei die Virusmenge relevant hoch aber auch sehr niedrig sein (<10^6 Kopien/ml). Dies kann sogar bei jeder PCR mitbestimmt werden. Ein relevanter Anteil 40-60% aller Positiven hat sogar eine sehr geringe Virusmenge (3,8). Diese Menschen sind allerdings in diesem Moment nicht ansteckend (4).

 

Es ist ungeklärt und es wird sogar nicht mal breit erwähnt, was diese "Fälle" für die Pandemie bedeuten.

  

Falls diese Menschen bei Symptomen getestet wurden, wirft das ja die Frage auf, ob der nachgewiesene SARS-Cov-2 Virus überhaupt die Symptome verursacht. Immerhin bleibt er über einen Monat nach Infekt auf der Schleimhaut nachweisbar (5). Eventuell auch nach erfolgreicher Virusabwehr bei Immunität. So kann ein anderer Atemwegsvirus vorhanden sein und die Symptome hervorrufen. Teilweise gibt es kleine Untersuchungen, die gleichzeitig mehrere Viren nachweisen, aber ihre Virusmenge wird nicht verglichen (6). Es wäre sehr einfach die symptomatischen "Fälle" mit niedriger Viruslast auf Co-Infekte zu testen zumindest stichprobenweise. In einzelnen Untersuchungen ist die Virusmenge bei Menschen mit Symptomen tatsächlich sehr gering (7).

  

Bei Personen ohne Symptome zum Testzeitpunkt (50-60% aller Fälle gemäss RKI) stellt man sich die Frage, wie viele von denen schon ansteckend waren nach durchgemachtem Infekt oder wie viele noch ansteckend werden (da sie gerade frisch angesteckt wurden). Auch dazu gibt es bisher keine Studien, bei denen Personen ohne Symptome über die Zeit untersucht wurden. Es wäre doch wichtig darüber mehr zu wissen, bevor man alle in Quarantäne steckt.

  

Der Antigentest (Schnelltest) verpasst einige Menschen, bei denen die PCR positiv ausfällt. Interessanterweise aber genau diese mit geringer Virusmenge in der PCR (8). Damit weist er eher die Menschen als positiv aus, die auch ansteckend sind. Allerdings produziert er auch sehr viele fasch positive Resultate bei Menschen ohne Symptome 70-90% (9). Letztere kann man aber per PCR wieder aussortieren.

  

Die Inzidenzen würden deutlich sinken, wenn man nur noch die Ansteckenden zählt. Dies würde sich besonders positiv auswirken auf die davon abhängenden Massnahmen. Die Fallzahlen würden viel besser korrelieren mit schweren Verläufen und Todesfällen, wenn viele Menschen mit niedriger Viruslast wegfallen, da ihr Einfluss auf schwere Verläufe wahrscheinlich gering ist. Die Immunität durch überstandene Infekte oder Impfungen nimmt immer mehr zu. Da sollten wir Menschen die den Virus abgewehrt haben, bei denen man aber noch die toten Reste nachweisen kann, nicht mehr als "Fälle" dazuzählen.

 

Evtl. ist folgende Teststrategie ausserhalb des Krankenkauses in Zukunft die beste: zuerst Antigentest und nur wenn pos. und keine Symptome bestehen dann noch PCR.

 

Stand:    25. April 2021

 

Quellen:

(1) https://www.eurosurveillance.org/content/10.2807/1560-7917.ES.2020.25.3.2000045
(2) https://lockdownsceptics.org/what-sage-got-wrong/
https://lockdownsceptics.org/addressing-the-cv19-second-wave/
https://zenodo.org/record/4298004#.YCSDRHkxlEY
(3) https://www.nytimes.com/2020/08/29/health/coronavirus-testing.html
(4) https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC7464704/
https://www.cebm.net/study/covid-19-testing-and-correlation-with-infectious-virus-cycle-thresholds-and-analytical-sensitivity/
https://academic.oup.com/cid/article/71/10/2663/5842165
(5) https://www.nejm.org/doi/full/10.1056/NEJMc2027040?query=recirc_mostViewed

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(6) https://jamanetwork.com/journals/jama/fullarticle/2764787

https://www.clinicalmicrobiologyandinfection.com/article/S1198-743X(20)30494-8/pdf
(7) https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC7403105/(8) https://www.synlab.ch/neugkeiten/2020/12/14/medizinische-daten-zeigen-dass-fast-40-der-sars-cov-2-virus-träger-durch-antigen-schnelltests-übersehen-werden-können
(9) https://idw-online.de/de/news?id=765529&path_lang=de