CSU und Linke haben eine Verfassungsbeschwerde gegen die Reform des BWahlG angekündigt. Ich habe bereits eine Verfassungsbeschwerde hiergegen eingereicht, aber wahrscheinlich mit einer anderen Begründung.

 

Nach Art. 21 Abs. 1 Satz 1 GG wirken die Parteien nur an der Willensbildung mit.In der Wirklichkeit wird die Willensbildung aber von den Parteien monopolisiert. Weiter greife ich die 5-%-Klausel in ihrer Gesamtheit an, nicht nur den Wegfall der Grundmandatsklausel. Diese Argumentation sollen die Kleinparteien gründlich prüfen, und sich ihr vielleicht anschließen.

 

Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass meine Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen wird. Deshalb ist es mir wichtig, meine Argumente in die Öffentlichkeit zu bringen. Die Frist für die Einlegung einer Verfassungsbeschwerde beträgt ein Jahr, sie läuft also am 08.06.24 ab. Wer sich meiner Beschwerde anschließen will, kann meine Vorlage gern verwenden. Ich verzichte ausdrücklich auf mein Urheberrecht.

 

 

Hier der Text:

13. Juni 2023

Verfassungsbeschwerde

 


von Prof. Dr. Werner Müller,                                                                                       - Beschwerdeführer -

gegen

Artikel 2 des Gesetzes vom 8. Juni 2023 (BGBl. 2023 I Nr. 147).

Die Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen § 4 Abs. 2 Satz 2 sowie gegen § 18 Abs. 1 BWahlG in der Fassung des Artikel 2 des Gesetzes vom 8. Juni 2023 (BGBl. 2023 I Nr. 147). Es wird beantragt, § 4 Abs. 2 Satz 2 BWahlG insgesamt und in § 18 Abs. 1 BWahlG die Worte „nach Maßgabe des § 20“ für nichtig zu erklären.

zur Zulässigkeit:


Beide Regelungen wurden durch das angefochtene Gesetz vom 08.06.23 neu gefasst, weshalb die Verfassungsbeschwerde nach § 93 Abs. 3 BVerfGG zulässig ist. Ob ggf. auch schon eine Vorgängerregelung verfassungswidrig gewesen sein könnte und eine Verfassungsbeschwerde gegen diese Vorgängerregelung verfristet gewesen wäre, ist unerheblich. Der Beschwerdeführer beabsichtigt, für die nächste Bundestagswahl ein Personenbündnis zu organisieren und in ihm für den Bundestag zu kandidieren, was ihm aber durch § 18 Abs. 1 BWahlG verwehrt ist. Sollte sich dieses Bündnis als Partei i.S.d. § 2 Abs. 1 PartG konstituieren, wäre diese durch § 4 Abs. 2 Satz 2 BWahlG in ihrer Chancengleichheit behindert, was auch gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen würde. Der Beschwerdeführer wird auch in seinem aktiven Wahlrecht behindert, weil seine Stimme für einen Wahlvorschlag, der von § 4 Abs. 2 Satz 2 BWahlG betroffen wäre, nicht gezählt würde.

zur Regelung in § 18 Abs. 1 BWahlG:


Nach Art. 21 Abs. 1 Satz 1 GG wirken die Parteien nur an der Willensbildung mit. Die Bedeutung des Wortes „Mitwirkung“ sagt aber, dass sie die politische Willensbildung aber nicht monopolisieren dürfen. Auch das BVerfG-Urteil des Zweiten Senats vom 24. Januar 2023 - 2 BvF 2/18 - stellte in Rn. 106 fest: „Nach Art. 21 Abs. 1 Satz 1 GG wirken die Parteien bei der politischen Willensbildung des Volkes mit. Daneben nehmen auch einzelne Bürgerinnen und Bürger sowie gesellschaftliche Gruppierungen, Vereinigungen und Verbände an der Meinungs- und Willensbildung des Volkes teil (vgl. BVerfGE 20, 56 <114>; 41, 399 <416 f.>; 85, 264 <284>)“
(https://www.Bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2023/01/fs20230124_ 2bvf000218.html)

Der Grundsatz der allgemeinen und gleichen Wahl des Art. 38 Abs. 1 GG gilt auch für das passive Wahlrecht, das nach Art. 3 Abs. 1 GG nicht nur Parteimitgliedern oder den Parteien loyalen Parteilosen, die auf ihren Listen kandidieren, zustehen darf. Es muss aus der Kombination beider Regeln auch für Einzelbewerber und Bürgerinitiativen außerhalb von Parteien möglich sein, in den Bundestag gewählt zu werden. Auch Bürgerinitiativen nehmen an der politischen Willensbildung teil, sie sind aber nach § 18 Abs. 1 BWahlG von einer Teilnahme an Wahlen ausgeschlossen. Einzelbewerber können aktuell nur in einem Wahlkreis und nicht mit Landeslisten oder bundesweit kandidieren.

Nach § 2 Abs. 1 PartG sind Parteien „… Vereinigungen von Bürgern, die dauernd oder für längere Zeit für den Bereich des Bundes oder eines Landes auf die politische Willensbildung Einfluss nehmen und an der Vertretung des Volkes im Deutschen Bundestag oder einem Landtag mitwirken wollen, wenn sie nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse, insbesondere nach Umfang und Festigkeit ihrer Organisation, nach der Zahl ihrer Mitglieder und nach ihrem Hervortreten in der Öffentlichkeit eine ausreichende Gewähr für die Ernsthaftigkeit dieser Zielsetzung bieten.“ Bürgerinitiativen richten sich dagegen meistens nur gegen einzelne politische Fragen, wie z.B. die Corona-Maßnahmen, die Verunstaltung der deutschen Sprache durch ein Gender-Kauderwelsch oder die deutsche Unterstützung der Ukraine im Krieg gegen Russland. Es könnten sich auch Dafür-Initiativen bilden, z.B. für einen Austritt aus der EU oder der NATO. Sie bilden sich, wenn sich die Mitglieder der Bürgerinitiativen von den Parteien bei ihrem Anliegen nicht repräsentiert fühlen. Hier finden sich dann Menschen zusammen, die in anderen Fragen stark unterschiedliche Meinungen haben können. Es muss aber den Wählern überlassen werden, ob ihnen dieses Thema ebenfalls so wichtig ist, dass sie daran ihre Wahlentscheidung ausrichten. Solchen Bürgerinitiativen fehlen deshalb wesentliche Definitionselemente von Parteien.

§ 18 Abs. 1 BWahlG erlaubt aber nur Parteien und nicht Bürger- oder Wählerinitiativen, zu Bundestagswahlen Vorschlagslisten einzureichen. Dieser Ausschluss unstetiger Organisationen und ihrer Mitglieder von passiven Wahlrecht ist mit Art. 38 Abs. 1 GG ebenso unvereinbar, wie mit Art. 21 Abs. 1 Satz 1 GG  i.V.m. Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG, denn alle Staatsgewalt geht vom Volke aus, und nicht von den Parteien, deren Mitglieder nur ca. 2 % der Bevölkerung ausmachen. Der Anspruch der 98 % Nicht-Mitglieder auf das passive Wahlrecht wird damit ebenso verletzt wie der Gleichbehandlungsgrundsatz, denn Nicht-Parteimitglieder dürfen nur als Direktkandidaten in Wahlkreisen kandidieren.

zum Verstoß gegen Art. 21 Abs. 1 i.V.m. 38 Abs. 2 GG:


Die Demokratie ist keine natürliche Herrschaftsform, sondern eine Errungenschaft der menschlichen Kulturen. Sie wird nur dann auf Dauer von den Menschen unterstützt werden, wenn sie sich als die bessere Herrschaftsform erweist. Würde sie nur Versager als Führungsperson hervorbringen oder korrupte Strukturen herausbilden, würden die Bürger einen „starken Mann“ wählen, wenn sie sich von ihm eine kompetente Führung versprechen würden.

In der Natur gilt das Recht des Stärkeren. In der Jungsteinzeit haben die Menschen in den stark gewachsenen Gemeinschaften aber erkannt, dass viele Schwache gemeinsam stärker sind als wenige Starke. Zudem stellte sich heraus, dass nicht die Stärkeren die besseren Anführer sind, sondern die Klügeren. Weil auch ein Bauernhof oder ein Handwerk von den Vätern an die Söhne weitergegeben wurde, wurde der Übergang des Berufs eines Anführers an die Söhne akzeptiert und es konnte erwartet werden, dass die Prinzen ihr Handwerk von den Königen gelernt hatten. Das Machtmonopol der Feudalherren wankte erst, nachdem mit dem Buchdruck ein Bildungsbürgertum entstand, und die herrschenden Dynastien eher als bildungsferne Schichten anzusehen waren. Die Demokratie war also kein Selbstzweck, sondern ein Instrument, um eine inkompetente Führungsschicht abzulösen und einen Mechanismus zu schaffen, um wie in der Jungsteinzeit die klügsten Köpfe in die Führung des Staates zu berufen.

Art. 21 Abs. 1 steht also in einem Zusammenhang mit Art. 33 Abs. 2 GG. Die Parteien sind danach angehalten, Kandidaten für öffentliche Ämter „nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung“ auszuwählen, und nicht nach Frauen-, Migranten-, sexuelle-Minderheiten- oder Links-Rechts-Quoten. Parteibuch- oder Vetternwirtschaft verstößt gegen Art. 33 Abs. 2 GG; Parteien, die diese praktizieren, sind i.S.d. Art. 21 Abs. 2 GG darauf ausgerichtet, „die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen“. Bringen sie inkompetente und korrupte Personen in Ministerämter oder andere leitende Funktionen, untergraben sie das Vertrauen der Bürger in den demokratischen Staat. Regelungen im Wahlrecht, die dies fördern und die Selbstreinigungs- und Erneuerungsprozesse des politischen Systems behindern, sind nicht mit Art. 20 Abs. 2 GG zu vereinbaren.

Angesichts dieser Wechselwirkung hat das Grundgesetz den Parteien nur ein Mitwirkungsrecht und kein Monopol auf die politische Willensbildung eingeräumt. Aus dem Zusammenspiel von Art. 21, 33 und 38 GG ergibt sich auch die Notwendigkeit, dass immer wieder neue politische Kräfte entstehen müssen und etablierte Parteien auch in der Bedeutungslosigkeit versinken können. Ein politisches System, dessen Kernbereich das Wahlrecht ist, darf diesen politischen Erneuerungs- und Selbstreinigungsmechanismus nicht blockieren. Das geschieht aber mit §§ 4 Abs. 2 Satz 2 und 18 Abs. 1 BWahlG, die die Entstehung von aussichtsreicher Konkurrenz für die etablierten Parteien behindern.

zur Regelung in § 4 Abs. 2 Satz 2 BWahlG (5-%-Klausel):


Der Gesetzgeber hat mit dem neuen § 4 Abs. 2 BWahlG aus dem Artikel 2 des Gesetzes vom 8. Juni 2023 (BGBl. 2023 I Nr. 147) auch die ausdrückliche Vorgabe aus dem BVerfG-Urteil vom 26. Februar 2014 - 2 BvE 2/13 u.a. / 2 BvR 2220/13 u.a. - missachtet. Dort heißt es in Rn 57: „Eine einmal als zulässig angesehene Sperrklausel darf daher nicht als für alle Zeiten verfassungsrechtlich unbedenklich eingeschätzt werden. Eine abweichende verfassungsrechtliche Beurteilung kann sich ergeben, wenn sich die Verhältnisse wesentlich ändern. Findet der Wahlgesetzgeber in diesem Sinne veränderte Umstände vor, so muss er ihnen Rechnung tragen. Maßgeblich für die Frage der weiteren Beibehaltung, Abschaffung oder (Wieder-)Einführung einer Sperrklausel sind allein die aktuellen Verhältnisse (vgl. BVerfGE 120, 82 <108>; 129, 300 <322>). Der Gesetzgeber ist nicht daran gehindert, auch konkret absehbare künftige Entwicklungen bereits im Rahmen der ihm aufgegebenen Beobachtung und Bewertung der aktuellen Verhältnisse zu berücksichtigen; maßgebliches Gewicht kann diesen jedoch nur dann zukommen, wenn die weitere Entwicklung aufgrund hinreichend belastbarer tatsächlicher Anhaltspunkte schon gegenwärtig verlässlich zu prognostizieren ist.“ Gegenüber der Ausformulierung der 5-%-Klausel im Jahr 1956 haben sich die Verhältnisse erheblich verändert.

Am 26.01.2022 sagte der Abgeordnete Dr. Gregor Gysi (DIE LINKE) im Bundestag: „Statt einer Impfpflicht benötigen wir deutlich mehr Vertrauen; sonst wird die Demokratie immer mehr Schaden nehmen. 23,4 Prozent Nichtwählende, 10,3 Prozent AfD-Wählende, und 8,7 Prozent wählten bewusst Parteien, die nicht in den Bundestag einziehen - sie alle, alle diese Gruppen, sind fertig mit der etablierten Politik, und zwar von der CSU bis einschließlich der Linken. Darüber müssen wir uns sehr viel mehr Gedanken machen. 37,5 Prozent [eigentlich 38,6 %, Dr. Gysi hat die ungültigen Stimmen nicht berücksichtigt und diesen Wählern Schusseligkeit statt politische Absichten unterstellt; Anmerkung des Beschwerdeführers] der Bevölkerung vertrauen der etablierten Politik nicht mehr. (Tino Chrupalla [AfD]: Zu Recht!) … Wir müssen uns wesentlich mehr Gedanken machen, wie man Vertrauen herstellen kann: durch eine allgemeinverständliche Sprache [z.B. statt des auch vom Abgeordneten Gysi verwendeten Gender-Kauderwelschs; Anmerkung des Beschwerdeführers], durch die Angabe der wahren Beweggründe für Entscheidungen [z.B. die Profitinteressen der Pharmaindustrie und die Schmiergelder ihrer Lobbyisten; Anmerkung des Beschwerdeführers], durch die Überwindung des gesamten Lobbyismus und vor allem durch deutlich mehr Ehrlichkeit. (Beifall bei der LINKEN)“ (zitiert nach dem Plenarprotokoll)

Dieser treffenden Analyse einer erheblichen Politiker-Verdrossenheit hätte bei der Reform des Wahlrechts mit einer Beseitigung der 5-%-Klausel begegnet werden müssen, statt mit einer Verschärfung durch den Wegfall der Grundmandatsklausel im bisherigen § 6 Abs. 3 BWahlG die Situation noch zu verschärfen. Im BVerfG-Urteil vom 26. Februar 2014 - 2 BvE 2/13 u.a. / 2 BvR 2220/13 u.a. - heißt es in Rn 60: „Vor diesem Hintergrund kann jedenfalls die allgemeine und abstrakte Behauptung, durch den Wegfall der … Sperrklausel werde der Einzug kleinerer Parteien und Wählergemeinschaften in die Vertretungsorgane erleichtert und dadurch die Willensbildung in diesen Organen erschwert, einen Eingriff in die Grundsätze der Wahlrechtsgleichheit und der Chancengleichheit nicht rechtfertigen. Deshalb genügt die bloße ‚Erleichterung‘ oder ‚Vereinfachung‘ der Beschlussfassung nicht. Nur die mit einiger Wahrscheinlichkeit zu erwartende Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit der Vertretungsorgane aufgrund bestehender oder bereits gegenwärtig verlässlich zu prognostizierender künftiger Umstände kann die … Sperrklausel rechtfertigen (vgl. BVerfGE 120, 82 <114>; 129, 300 <323>).“

Nach der Gysi-Analyse wird die Demokratie aktuell nicht von einer Zersplitterung bedroht, sondern von einer Verkrustung des politischen Systems, von einer Unzufriedenheit weiter Teile der Bevölkerung mit den politischen Parteien bei gleichzeitigen Versuchen dieser Parteien, die politische Willensbildung zu monopolisieren und abweichende Meinungen im Parlament wie auch in den Medien auszugrenzen und sie damit zu unterdrücken. Die im genannten BVerfG-Urteil geforderte Notwendigkeit eines Eingriffs in die Grundsätze der Wahlrechtsgleichheit und der Chancengleichheit liegt schon deshalb nicht vor, weil solche Eingriffe in der aktuellen Situation nicht geeignet sind, die Bedrohung für die Demokratie abzuwenden; sie sind vielmehr kontraproduktiv. Kontraproduktive Maßnahmen können aber weder notwendig, noch geeignet, noch verhältnismäßig sein.

Problematisch ist an § 4 Abs. 2 BWahlG auch, dass die Nichtwähler und ungültigen Stimmen den übrigen Parteien zugeschlagen werden. Nach Abs. 38 Abs. 1 GG sind die Abgeordneten die Vertreter des ganzen Volkes. Wenn aber 24,1 % der Wahlberechtigten allen Kandidaten durch Wahlenthaltung oder die Abgabe einer ungültigen Stimme das Vertrauen verweigern und weitere 6,5 % der Wahlberechtigten Parteien gewählt haben, die keine Chance auf Mandate hatten, dann sind die gewählten Abgeordneten nicht die Vertreter dieser 30,6 % der Wahlberechtigten. Das sie trotzdem die diesen Bürgern zustehenden Mandate einnehmen, verstößt gegen den Grundsatz der allgemeinen und unmittelbaren Wahl.
 
Dieser Widerspruch wäre dadurch aufzulösen, dass die auf Nichtwähler und ungültige Stimmen entfallenden Mandate nicht vergeben würden, sowie mindestens die Vorschlagslisten Mandate erhielten, die eine Stimmenzahl von der Gesamtzahl der Wahlberechtigten geteilt durch die zu vergebenden Mandate erreichten. 2021 waren das 61.181.072 : 598 = 102309,4849; also mindestens 102.310 Stimmen. Dann hätte der Deutsche Bundestag 450 Mitglieder, 144 Mandate blieben für Nichtwähler und ungültige Stimmen frei, 4 weil 24 Listen die 102.310 Stimmen nicht erreicht hätten. Die Mandatsverteilung wäre folgende:

                         Wählerwille                                                   Reform    aktuell
SPD                           117    Diese Mandatsverteilung           188        206
CDU                             86    würde den Willen der                 138        152
GRÜNE                        67    Wähler zutreffend                       107        118
FDP                              52    abbilden.                                         83          92
AfD                               47                                                             75          83
CSU                              23    Die 102.310-Stimmen-                  38          45
DIE LINKE                    22    Grenze müsste für die                    0          39
FREIE WÄHLER            11    Wahlkreis-Kandidaten   
Tierschutzpartei           7    vorrangig gelten.
dieBasis                         6    Überhangmandate müssten
Die PARTEI                     5    vergeben werden, wenn ein
Team Todenhöfer        2    Bewerber mit mindestens
PIRATEN                         2    102.310 Erststimmen sonst
Volt                                 2    bei der Vergabe der Mandate       
ÖDP                                1    nicht berücksichtigt würde.   
SSW                                0                                                                1            1
                                   450                                                            630        736
nicht vergeben        148

Die freibleibenden Mandate wären der mutmaßliche Wille der Nichtwähler und solcher Wähler, die den Stimmzettel absichtlich ungültig machen. Auch dieser Wählerwille muss nach Art. 38 Abs. 1 GG berücksichtigt werden.
 
Die Schieflage würde sich noch verstärken, wenn unterstellt würde, dass die CSU bei sonst gleichen Ergebnissen wie 2021 80.727 Stimmen an die Freien Wähler abgegeben und damit weniger als 5 % der Zweitstimmen erreicht hätte. Dieses Ergebnis wird in der folgenden Tabelle mit der Spalte „ohne CSU“ simuliert. Eine Gegenüberstellung in Prozent der Mandate, die wegen der unterschiedlichen Zahl der Abgeordneten sinnvoll ist, ergibt folgendes Bild:

             Wählerwille    Reform     … ohne CSU    aktuell
SPD              26,0%        29,8%        31,7%            28,0%
CDU             19,1%        21,9%        23,3%            20,7%
GRÜNE        14,9%        17,0%        18,1%            16,0%
FDP              11,6%        13,2%        14,1%            12,5%
AfD               10,4%        11,9%        12,7%            11,3%
CSU                5,1%          6,0%                                 6,1%
DIE LINKE      4,9%                                                   5,3%
übrige            8,0%          0,2%           0,1%             0,1%

Aus diesen Ausführungen ergibt sich, dass § 4 Abs. 2 Satz 2 BWahlG insgesamt und in § 18 Abs. 1 BWahlG die Worte „nach Maßgabe des § 20“ für nichtig zu erklären sind.  

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